ENTSTEHUNG DER METHODE

Der Hintergrund der Methode

Durch die langjährigen Erfahrungen als Europäischer Ethnologin und Prozessbegleiterin, durch viele Reisen und längeren Auslandsaufenthalten (in Israel, Russland, Polen, Frankreich) spürte ich den sehr unterschiedlichen Geschichten und Weltsichten verschiedenster Menschen nach. Ich ließ mich irritieren und bezaubern, schockieren und für eine Zeit vereinnahmen von mannigfaltigen Perspektiven auf die Welt und der lokalen Differenzen in der Praxis des menschlichen Alltags. Ich sah die unterschiedlichsten Arbeits- und Lebensentwürfe, Geschlechter- und Familienkonzepte, lauschte vielfältigen Selbst- und Fremdbildern und erlebte unterschiedlichste Grenzziehungen, die immer wieder neue ICHs oder WIRs und damit neue ANDERE schufen. Und so unterschiedlich alles bei Nahsicht erschien, verschwammen oder verlagerten sich aus der Distanz die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten über (mentale und materielle/physische) Grenzen hinweg wurden sichtbar. Im Methodenrepertoire, der Europäische Ethnologie, das die teilnehmende Beobachtung, biographische, narrative und  Expert_inneninterviews, metal mapping sowie den “gesamtkörperlichen Einsatz” des Forschers als Erkenntnismittel und -quelle umfasst und der daraus folgenden reflexiv und relational angelegten Analyse von menschlicher Alltagskultur fand ich wunderbare Instrumente meine Beobachtungsfreude zu kanalisieren und menschliches Handeln zu interpretieren.

Parallel zur theoretischen Auseinandersetzung mit der Vielfalt und Komplexität menschlicher Alltagskultur, Identität und Interaktion erschlossen sich durch die der Ausbildung zur Mediatorin und der nachfolgenden praktischen Arbeit mit Menschen in Workshops, Trainings und Beratungen inspirierende und sinnhafte Verknüpfungen. Ein wechselseitiger Lernprozesse zwischen Anwendung und Konzeption, also zwischen der Arbeit mit und der Arbeit über Menschen, deren Kommunikation und Interaktion begann und fand Eingang in Publikationen und der Weiterentwicklung von Seminar- und Begleitungsmethoden. Als eine Methode entstand dabei die geführte Intravision.

Der Kerngedanke hinter der Methode:

In all meinen Arbeitsfeldern begleitete mich die wiederkehrende Erkenntnis, dass im Normalfall jeder Mensch selbst sein bester Kenner ist. Das heißt nicht, dass er oder sie alles kann, sondern, dass die Resonanz zwischen Innen und Außen, also mir und dem was ich höre, sehe, tue, am deutlichsten in meinem Körper selbst zu spüren ist. Ebenso deutlich wiederholte sich die Erkenntnis, dass viele Menschen lange, wider ihres (Körper)Wissens, dass etwas sich für sie nicht stimmig anfühlt, diesen Weg weitergehen und nur wenige innehalten und sich selbst einmal lauschen.

Ganz offensichtlich deutlich wurde mir dies anhand der über 70 Interviews, die ich im Rahmen verschiedener Forschungen mit Menschen unterschiedlichster Herkunft, in verschiedensten Berufen und diversen Lebenslagen geführt habe. Während ich, getrieben von dem Wunsch, ihre Alltagskultur als “erzählte Praxis” zu entschlüsseln, gebannt lauschte und auch scheinbar Alltägliches hinterfragte, ordneten meine Gesprächspartner_innen ihr Leben im Erzählen, sprachen Dinge aus, die sie bislang nur gefühlt hatten, betrachteten sich selbst durch den Spiegel meiner Fragen auf eine neue Art und Weise oder auch überhaupt einmal in dieser Intensität. Sie verfielen in Momente des erzählenden Nachdenkens, strukturierten und priorisierten die vielfältigen Aspekte aus ihrer Lebens- und Arbeitswelt. Diese klärende Kraft der unkommentierten Stegreiferzählung habe ich mit der Methode der geführten Intravision aufgegriffen und als Schlüssel zu dem Wissensschatz über uns selbst, den wir bei uns tragen aber kaum einmal anhören, nutzbar gemacht.

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